Ich habe in letzter Zeit ja sehr viel an den einzigen für meine Frühmittelalter-Darstellung passenden Textilfunden herumgelesen. Die Funde aus Kirchberg liegen zwar etwa 50 Jahre nach "meiner Zeit", sind aber insgesamt die einzigen hessischen aus dem gesamten Frühmittelalter. In dem Zusammenhang also verdammt nah dran ;)
Zwei der Funde sind in sehr interessanten Bindungen gewebt, die ich unbedingt mal ausprobieren will wenn mein Gewichtswebstuhl endlich fertig ist. Das eine ist eine Variation der Leinwandbindung, das andere eine Variation vom Diamantköper. Heute nach meiner dreiteiligen (und dreistündigen) Werkstoffkundeklausur (und mit der Aussicht auf eine Woche Pause vor der nächsten Prüfung) habe ich mich mal dran gesetzt und beide mal großflächig aufgemalt, damit ich mir besser vorstellen kann wie sie dann am großen Projekt aussehen. Wirkt halt doch ganz anders, ob man 1-2 Musterwiederholungen im Buch sieht oder einen etwas größeren Ausschnitt.
Die Diamant-Variation aus Grab 8 (Gewebe Nr. 6) unterscheidet sich von "normalem" Diamantköper dadurch, dass die Breite und Länge der einzelnen "Karos" unterschiedlich sind. Der Richtungswechsel geschieht bei den Kettfäden immer nach sechs Fäden, bei den Schussfäden jedoch nur alle neun Reihen. Da mich Fischgrat- und Diamantköper ja sowieso irgendwie fasziniert, habe ich beschlossen, dass das unbedingt mal ausprobiert werden muss. Wahrscheinlich erstmal für Beinwickel o.ä., da dafür ja sowieso Fischgrat und Diamant gleichermaßen verwendet werden.
Die zwei verschiedenen Farben in meiner Zeichnung dienen lediglich zur besseren Erkennbarkeit der Wiederholungen und zum Vereinfachen des Zeichnens - der Farbverlauf ist so nicht webbar!
Die Leinwandbindung aus Grab 9 (Gewebe 5) ist fast noch interessanter, weil sie ebenso simpel wie genial ist. Im Original ist nur ein Fragment erhalten - acht Reihen normale Leinwandbindung und oben und unten einige Reihen der Dreiergruppen. Zwar steht in der Auswertung von Hundt (in: Sippel (89): Die frühmittelalterlichen Grabfunde in Nordhessen) etwas von "Streifen", ob diese aber tatsächlich gleichmäßig breit waren oder ob vielleicht auch nur einzelne Musterstreifen im Gewebe waren (bzw einzelne Streifen normaler Leinwandbindung, um die andere Bindung zu stabilieren), lässt sich aus der Fundlage nicht mehr erkennen.
Ich habe mich hier für abwechselnd gleich breite Streifen mit der Breite von acht Reihen (wie sie der mittlere Streifen im Fund hatte) entschieden. Die Farbgebung so wie sie hier erscheint ist der Effekt, der bei Verwendung von unterschiedlichen Schuss- und Kettfarben entsteht (wie es bei Köperbindungen oft gemacht wird) und gefällt mir ausnehmend gut.
Ein paar Gedanken zur Umsetzung habe ich mir dazu auch schon gemacht: für eine normale Leinwandbindung braucht man auf dem Gewichtswebstuhl zwei Fächer - das hintere und ein vorderes. Die Dreiergruppen lassen sich nicht daraus ableiten, so dass man dazu zwei weitere Fächer brauchen würde. Insgesamt braucht man also vier Fächer, so wie bei den 2/2er Köperbindungen (wie sie ja größtenteils auftauchen) auch.
Ich denke, dieses Muster wäre aber ein besseres Anfängerprojekt als ein Köper, weil für jeden Abschnitt nur zwei Fächer gebraucht werden statt wie bei allen Köperbindungen alle abwechselnd. Zusätzlich bleibt (im Gegensatz zum Fischgrat- und Diamantköper) beim Schären das Muster die ganze Zeit gleich und wechselt nicht alle paar Fäden die Richtung. Beides zusammen dürfte zu deutlich weniger Überforderung führen. Deshalb wird mein erstes Projekt am neuen Webstuhl vermutlich auf ein Tuch in diesem Muster (wahrscheinlich auch mit 8er Streifen) hinauslaufen, in zwei Farben (eine für Schuss, eine für Kette) damit ich besser sehe was ich da tue (und weil mir der zweifarbige Effekt in dieser Bindung irgendwie verdammt gut gefällt). Schaun wir mal, welche Färbungen sich da im Herbst zu freiwillig melden...
Moin Moin ... Tolle Webmuster...
AntwortenLöschenda juckt es einen die von einer "normalen" Webpatrone in eine für Brettchenweben umzupuzzeln ;-)
Doubleface könnte ich mir vorstellen...hmm...
oder Broken Twill müsste auch vielleicht funktionieren *grübel*
LG
fenriswitch