Freitag, 4. November 2011

CD-Rezension: Carolus Rex 3

[Rezension vom 31.10.2011, wegen Internetmangel jetzt erst on]

Die Carolus-Rex-Serie ist wohl die bekannteste Serie von Vikingrock-Samplern der letzten 20 Jahre. Viele der heutigen Szenegrößen sind über diese Serie bekannt geworden. Wie bei vielen Samplern besteht der Trick auch hier daraus, bekanntere Bands wie Ultima Thule mit Bands zu kombinieren, um möglichst viele Käufer zu locken. Auch mir haben die Carolus Rex immer wieder dabei geholfen, neue Bands zu entdecken. Mittlerweile ist die Serie bei einer zweistelligen Anzahl angekommen.

Was diese Serie in meinen Augen abhebt, sind die vielen chaotischen "wir machen für die Compilation mal was ganz anderes als sonst" Aktionen insbesondere von Ultima und Heroes, die scheinbar größtenteils daraus aufgelegt sind, dass sich der Hörer nur noch kopfschüttelnd und losprustend vor den Kopf schlägt. Insbesondere wegen diesen habe ich mir in den vergangenen Wochen nach und nach auch die älteren Ausgaben angehört, die ich noch nicht kannte.

Was mich an dieser Ausgabe von 1997 am meisten aufgefallen ist, war der ungewöhnlich große Anteil englischsprachiger Lieder, "huch, da sind ja deutsche Bands dabei..." und vor allem die ungewöhnlich breite musikalische Spanne. Die neueren Carolus Rex sind größtenteils "typischer Vikingrock", scheinbar war damals jedoch die Szene noch nicht so "eingefahren" und/oder die Ideen für außergewöhnliche Projekte noch nicht so ausgereizt.

Aber gehen wir doch auf einige Bands/Titel etwas näher ein...

Heroes – "Naked" und "Infect Me"

Wie so oft haben die meisten Bands auf dieser CD mehrere Titel vertreten. Die beiden Titel der Heroes zeigen wunderbar die Vielseitigkeit dieser Band. Beide sind englischsprachig, wie man es von den Jungs schon kennt – mit diesem wunderbar weichen kleinen schwedischen Akzent. Da hören die Gemeinsamkeiten aber fast schon auf.
"Infect me" ist wohl der Song, der von allen Vikingrock-Titeln, die ich je gehört habe, am wenigsten diesem Genre entspricht. Er klingt, als sei er geradewegs einem typischen Vampirfilmsoundtrack der 90er Jahre entsprungen – Erinnerungen an Bands wie Disturbed und Static-X, an Soundtracks wie Dracula 2000 (in Deutschland: Wes Cravens Dracula, in Schweden: Dracula 2001, die Namensänderungen muss man nicht verstehen) und Königin der Verdammten kommen hoch – die Musik meiner Teenagerjahre, die Filme waren nicht so meins, die Musik dafür umso mehr... Ich hätte diesem Sänger ehrlich gesagt niemals zugetraut, gesanglich so sehr an Wayne Static und David Draiman heranzukommen.
"Naked" ist das krasse Gegenteil dazu. Textlich oberflächlich, musikalisch eher typisch Vikingrock-Partylied. "I would feel naked without my tattooes" ist die Hauptzeile, der Rest des Textes – schlichte Vergleiche wie "like a drinker without his booze" und zwei, drei Zeilen über die Ablehnung der Familie. Nichts, was nicht schon hundertmal und sogar von untalentierten Leuten wie Rabenbrey geschrieben worden wäre. Eben ein typisches Partylied, gut für Playlists, die beim Saufen im Hintergrund dudeln.

Ultima Thule – "Gråkappan" und "Svarta döden"

Was wäre auch eine Carolus Rex ohne Ultima. Ohne diese Band würde es nicht einmal die Plattenfirma geben, bei der diese Serie erscheint. Was wäre überhaupt der Vikingrock als Musikrichtung – wenn man alle Bands aus der Szene streichen würde, die auf mindestens einem ihrer Alben Ultima gecovert haben, würde vermutlich nichts mehr übrig bleiben. Hätte ein bisschen was von "Fantasy ohne Tolkien" – einfach irgendwie nicht vorstellbar.
Während Ultima später oftmals die Carolus Rex für chaotische Coverversionen und ähnliches nutzen, sind diese Titel eher aus dem historisch-mythologischen "Basisprogramm" entnommen. Gut gemachte Lieder (insbesondere "Svarta döden" gefällt mir irgendwie), aber eben nix überraschendes. Das ungewöhnlichste ist, dass sie hier nahezu die einzigen schwedischsprachigen Lieder sind, wo sonst eher die wenigen nicht-englischen auf diesen CDs auffallen.

Greedy – "Happy Ending" und "Just another Punk"

Ein Lied über Beziehungskrisen / unglückliche Verliebtheit? Das ist definitiv was neues auf einem Vikingrocksampler. Wobei diese Lieder auch musikalisch irgendwie nicht so richtig zu passen scheinen. Zumindest ersteres ist irgendwie ganz lustig gemacht, beide scheinen aber irgendwie aus einer ganz anderen Subkultur zu stammen, als was man hier erwartet hätte.
"Happy Ending" hat das Potential, im Mainstream-Radio mehr als einmal zu laufen, "Just another Punk" ist dazu vermutlich textlich zu explizit – Zeilen wie "I got drugs everywhere, I got piss on the floor and I don't care anymore" sind eben nicht unbedingt in allen Bereichen der Populärkultur erwünscht, erst recht nicht in denen, in die diese Band musikalisch passen würde. Wie es dieses Lied jedoch auf einen Sampler von und mit Bands geschafft hat, die die "Rock Against Communism" Bewegung mitgegründet und maßgeblich mit bestimmt haben, ist mir mehr als schleierhaft. Es passt musikalisch nicht, es passt textlich nicht, und es passt kulturell-politisch mehr als überhaupt nicht.

Walvaters Recken – "Donnersturm" und "Tote Welt"

Erster Gedanke: Wow, klarer, im Vordergrund stehender Gesang, man versteht beim ersten Hören jedes Wort und es lohnt sich sogar zumindest einigermaßen zuzuhören. Melodie und Arrangement sind nicht besonders einfallsreich, die Themen auch nicht, aber für eine deutsche, deutschsprachige Band auf einem ausländischen Sampler doch sehr ungewöhnlich, so etwas gesanglastiges zu finden.
Auf jeden Fall mehr, als ich erwartet/befüchtet hatte. Meistens schaffen es ja nur die Bands insbesondere auf die nordischen Sampler, wo man sich fragt, wer sich sowas freiwillig anhört...

Nordwind – "Asgard wir kommen"

Die Synthesizer-Intro erweckt in mir als radikalem Gegner elektronischer Musik den guten alten "flight or fight" Reflex. Bitte sofort weiterschalten oder in Gefahr laufen, dass ich das Bedürftnis kriege, irgendwas zu zerlegen. Der Blick auf den Titel noch viel mehr – das Thema war vermutlich schon beim Erscheinen dieser CD mehr als ausgelutscht.
Wenigstens hat der Text mehr als 5 Zeilen und ist einigermaßen gut formuliert, auch wenn der Inhalt auch zusätzlich zu dem im Titel auftauchenden Thema mehr als lasch ist. Kameradschaft, Treue, Zusammenhalt zwischen Kämpfern, Opfer bringen für's Vaterland – das ist mir schon auf Schwedisch zu langweilig immer wieder zu hören, das muss ich nicht auf noch auf Deutsch haben.

Midgårds Söner – "Sverige" und "From Sweden to Deutschland"

Es wäre auch zu schön gewesen, auch nur EINMAL eine Vikingrock-Compilation ohne die Zeile "jag älskar mitt land" zu erleben. Schockierend genug, dass ich bisher keine Werwölfe auf dieser CD entdeckt habe – immerhin tauchten Thor und Odin und Methörner auf, ansonsten hätte ich mir echt Sorgen gemacht. Einfallslose Texte aufzulockern, indem man das Wort "Deutschland" tatsächlich in Originalsprache einsetzt, fand ich jetzt nicht so wahnsinnig innovativ und hörenswert, aber vielleicht ist das auch Ansichtssache.
Midgårds Söner ist halt einfach eine Band, die textlich wohl nie etwas anderes als puren Patriotismus zu Stande bringen wird. Ist nicht meins, aber jedem das seine... Musikalisch ganz annehmbar, aber wird sich wohl nie zu einer Band entwickeln, die ich gerne höre. Und eine Compilation soll ja auch verschiedene Geschmäcker ansprechen, da kann nicht alles gefallen...

Ultima Thule / Nordwind – "Party in Valhalla"

Auffällig an diesem Lied: es ist dreisprachig, Deutsch, Englisch, Schwedisch. Musikalisch und textlich ist dagegen gar nichts auffällig. Arrangement und Melodieführung sind so stereotypisch, dass es fast schon nicht mehr ernstzunehmen ist. Packen wir es zu Liedern wie "Party på Valhalla" (wer hätte das bei DEM Titel gedacht" und "Det är en Viking" in die Partyliste, da ist es gut aufgehoben. Ich denke, das Lied bildet nicht umsonst den Abschluss der CD und soll deswegen auch den Abschluss dieser Betrachtung bilden ;)


Insgesamt muss ich feststellen, dass die Carolus-Rex-Serie sich über die Jahre stark verändert hat – in manchen Punkten gut, in anderen weniger... Natürlich ist es schön, dass hier etwas mehr Abwechslung herrscht als auf späteren. Wirklich vom Hocker gerissen hat mich auf dieser dritten jedoch nichts – das einzige Lied, was sich herausgehoben hat, war "Infect Me" von den Heroes. Und dass die Band gute und vor allem abwechslungsreiche Musik macht und immer für eine Überraschung gut ist, wusste ich auch schon vorher. Insgesamt also eine Compilation, für die es sich meiner Meinung nach nicht lohnt, Geld auszugeben. Dann lieber ein Album z.B. von den Heroes kaufen und mehr als ein oder zwei Titel haben, die man sich mehr als ein- oder zweimal anhört.

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